Positionspapier zur Ökobilanzierung des Kunststoffrecyclings

Herausforderungen und Lösungen bei der Ökobilanzierung recycelter Kunststoffe

Aktuell für viele Unternehmen relevant, aber kaum einer weiß, wie es (richtig) geht: Die vergleichende ökologische Bewertung des Kunststoffrecyclings. „Greenwashing“ oder „irreführende Kommunikation“ wird vergleichenden Ökobilanzstudien häufig vorgeworfen. In einem neuen Positionspapier benennen CCPE-Forschende deshalb zehn Herausforderungen und Anforderungen für eine transparente und vergleichbare Ökobilanzierung recycelter Kunststoffe.

© Fraunhofer CCPE
Positionspapier »Challenges and requirements in comparative life cycle assessment of plastics recycling«

Für das Positionspapier haben Forschende des Fraunhofer CCPE zehn Herausforderungen und Anforderungen an die vergleichende Bilanzierung von Recyclingverfahren erarbeitet. Hiermit möchten sie den Raum für einen offenen Austausch zwischen Wissenschaft, Industrie und Politik eröffnen, um Entscheidungen auf Basis des ökologischen Vergleichs verständlich und belastbar zu gestalten.

Die Ergebnisse von Ökobilanzstudien werden meist zur Unterstützung bei der Entscheidungsfindung herangezogen, wobei unterschiedliche Fragestellungen und Perspektiven des Recyclings zu berücksichtigen sind. Durch das Recycling von Kunststoffabfällen werden Abfälle gleichzeitig ordnungsgemäß behandelt und neue Ressourcen gewonnen, die in einem weiteren Produktsystem genutzt werden können. Das Kunststoffrecycling ist somit immer ein multifunktionaler Prozess, der an zwei Produktsystemen beteiligt ist. In der Unternehmenspraxis und der Gesellschaft werden die Bedeutung im Umgang mit der Multifunktionalität in den verschiedenen Perspektiven des Recyclings und die damit verbundenen Herausforderungen und Einflüsse auf das Ergebnis einer Ökobilanz jedoch oft nicht erkannt. Das neue CCPE-Positionspapier und dieser Beitrag konzentrieren sich auf die Herausforderungen und Anforderungen von vergleichenden Ökobilanzen für Kunststoffrecyclingaktivitäten und damit auf die Unterscheidung zwischen der Abfallbehandlungs- und der Materialbereitstellungsperspektive.

Vergleichende ökologische Bewertungen mehrerer Produkte sind meist herausfordernd und hängen häufig von diversen Randbedingungen und Annahmen ab. Besonders für vergleichende Aussagen, wie ökologische Einsparungen durch die Verwendung von Rezyklat im Vergleich zu Neuwarekunststoff, ist die Prüfung der Konsistenz eine Hauptanforderung in der Bilanzierung. Die Verwendung von Ergebnissen inkonsistenter Ökobilanzstudien kann folglich anfällig für Fehlinterpretationen sein.

Weitere wichtige Herausforderungen sind der Umgang mit verschiedenen Technologierouten und -skalen sowie die Komplexität von Recyclingrouten gemischt gesammelter Abfälle. Letztere betreffen häufig eine Vielzahl von Abfällen und Produkten, die von unterschiedlichen Unternehmen verarbeitet und erzeugt werden. Zudem ist die Bilanzierung unterschiedlicher Abfallherkünfte und mitgesammelter Störstoffe eine Herausforderung, die die Qualität der Rezyklate unmittelbar beeinflusst; in diesem Zusammenhang sind post-industrielle und post-consumer Abfälle zu nennen. Weiterhin erschweren unzureichende Datenquellen, Überwachungs- und Erfassungssysteme sowie veraltete oder nicht verfügbare standortbezogene Daten einen Vergleich entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Auf der methodischen Ebene ist es wichtig, Modellierungsansätze im Hinblick auf Multifunktionalität und Systemgrenzen zu schärfen. Der faire Vergleich verschiedener Recyclingverfahren ist eine Herausforderung, da mechanische und chemische Recyclingtechnologien Ressourcen für die Wiederverwendung auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette bereitstellen. Der Vergleich von Neuware und Rezyklat ist in Bezug auf die Funktionalitäten herausfordernd, da die Produktion von Neuware in der Regel nur die Funktion der Bereitstellung der Neuware hat, während das Recycling von Kunststoffen immer multifunktional ist. Der richtige Umgang mit der Multifunktionalität im Recycling wird bereits seit Anfang der 90er Jahre diskutiert, jedoch gibt es bis heute keinen eindeutigen Konsens.

Insgesamt mangelt es an einem methodischen Konsens, um robuste und vergleichbare Ökobilanz-Ergebnisse zu erstellen. In erster Linie fordern die CCPE-Forschenden daher eine Klärung der Modellierung von recycelten Kunststoffen in Bezug auf die Frage der Multifunktionalität im Vergleich zu neuen Kunststoffen. Auf der Daten- und Technologieebene erfordert ein Vergleich verschiedener Kunststoffrecyclingtechnologien eine harmonisierte Qualität des Abfallinputs und die Berücksichtigung der Substituierbarkeit von recycelten Kunststoffen im Vergleich zu neuen Kunststoffen. Der Vergleich verschiedener Ökobilanz-Studien ist bei Kunststoffen aufgrund der unterschiedlichen Inputs und Outputs eine besondere Herausforderung. Zudem ist die Bereitstellung von Proxy- und Standarddaten zur Modellierung komplexer Recyclingketten aus der gemischten Sammlung unerlässlich, um bestehende Daten- und Modellierungslücken zu schließen.

Für unsere anwendungsorientierte Forschung stehen wir in kontinuierlichem Kontakt zur Industrie. Sprechen Sie uns gerne auf das Thema Ökobilanzierung an!

Weitere Informationen

Positionspapier »Challenges and requirements in comparative life cycle assessment of plastics recycling«

Pressemeldung zum Positionspapier

Research Department »Circular Logistics and Sustainability«