Entwicklung verfahrenstechnischer Strategien zur Geruchsminimierung

Analytische Verfahren zur Überprüfung der Geruchsminimierung in Rezyklaten

Im Sinne der Etablierung nachhaltiger Prozesse und der Verfolgung von Strategien zur Einhaltung von Klimazielen, steigt die Nachfrage und damit auch die Anforderungen kreislauffähiger Produkte, wie rezyklierte Kunststoffe. Fraunhofer Forscher:innen haben sich dabei zum Ziel gesetzt, den qualitativen Ansprüchen an derartige Produkte gerecht zu werden und Verfahren für die Gewinnung von Rezyklaten auf dem Qualitätsniveau von Neuware zu entwickeln. Eines dieser qualitativen Merkmale stellt der Geruch der Produkte dar, sodass die Wissenschaftler:innen u.a. an Strategien zur Minderung und Überwachung der geruchlichen Eigenschaften von rezyklierten Kunststoffen arbeiten.

© Fraunhofer IVV
Charakterisierung von Geruchsstoffen in Rezyklaten mittels Gaschromatographie Massenspektrometrie/Olfaktometrie

Um das im Green Deal formulierte Ziel einer Klimaneutralität in Europa bis 2050 erreichen zu können, werden von der Europäischen Union konkrete Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen in den nächsten Jahren vorgegeben. Ein Ziel ist dabei die Umwandlung linearer Wertschöpfungsketten für Kunststoffe in eine Kreislaufwirtschaft. Gerade der Verpackungsmarkt, auf den 40% der verbrauchten Primärkunststoffe entfallen, bietet hierbei großes Potential, Ressourcen einzusparen. Durch die Verwertung von Post-Consumer-Verpackungsabfällen zu hochwertigen Rezyklaten sollen Primärrohstoffe ersetzt und somit geschlossene Werkstoffkreisläufe geschaffen werden. Um die von der Europäischen Union ausgegebenen Zielquoten des Rezyklateinsatzes auch für sensible Anwendungsbereiche, wie Lebensmittelverpackungen, erreichen zu können, müssen Kunststoffrezyklate entsprechend hohe Qualitätsanforderungen bezüglich der Materialreinheit, mechanischen Eigenschaften und Produktsicherheit erfüllen. Daher besteht ein hoher Bedarf an fortschrittlichen Recyclingverfahren, die eine Rückgewinnung hochqualitativer Rezyklate aus Post-Consumer- Verpackungsabfällen ermöglichen. Gleichzeitig muss die hohe Produktqualität durch zuverlässige Qualitätssicherungssysteme überwacht und gewährleistet werden.

Um die hohen Qualitätsanforderungen an Rezyklate erfüllen zu können, müssen die Kontaminationen mit bzw. Migration und Freisetzung von Geruchsstoffen und anderen flüchtigen organischen Verbindungen ausgehend vom Produkt möglichst minimiert werden. Ursachen für das Vorhandensein dieser Stoffe lassen sich beispielsweise direkt aus der ursprünglichen Verwendung der Kunststoffe (bspw. Waschmittelverpackungen) oder der Aktivität von Mikroorganismen (bspw. bei Lebensmittelverpackungen) ableiten. Geruchsstoffe können aus dem rezyklierten Produkt emittieren und damit die von Verbraucher:innen wahrgenommenen sensorischen Produkteigenschaften beeinflussen. Neben direkt wahrnehmbaren geruchlichen Auffälligkeiten können die Verbindungen ausgehend von der Recycling-Verpackung außerdem in das Füllgut migrieren.

Am Fraunhofer IVV wird daher u.a. an Verfahren gearbeitet, diese geruchsaktiven Störkomponenten beim Recycling effektiv zu entfernen. Die Abteilung Verfahrensentwicklung Polymer-Recycling arbeitet gemeinsam mit der Abteilung Sensorische Analytik & Technologien an Strategien und Konzepten, dies mittels anwendungsorientierter Messtechnik effizient zu erfassen und Verfahren zur Geruchsminderung analytisch zu bewerten. Entsprechend gilt es zunächst, geeignete analytische Verfahren zu etablieren, um Prozesse zur Geruchsminimierung effizient und zielführend zu überprüfen und dauerhaft miteinander vergleichen zu können. Mithilfe bereits etablierter Methoden im Bereich der Geruchsstoffanalytik, inklusive Gaschromatographie-Massenspektrometrie/Olfaktometrie (GC-MS/O) bzw. zweidimensionaler GC-MS/O Verfahren werden anhand von umfangreichen Untersuchungen zunächst ausgewählte Rezyklate analysiert, um potente Geruchsstoffe zu identifizieren. Aus diesen werden unter Abgleich mit Literaturdaten und eigens erstellten Datenbanken repräsentative Markersubstanzen ausgewählt. Hierauf basierend sollen effiziente analytische Methoden etabliert werden, um eine fortlaufende, auf relevante Geruchsmarker fokussierte Untersuchung von Rezyklaten sowie deren Vergleich zu ermöglichen. Die entwickelten Methoden sollen es erlauben, diese Markersubstanzen als Geruchsindikatoren möglichst zeitsparend und in hohem Probendurchsatz semi-quantitativ zu erfassen und damit eine Vielzahl von Proben zu vergleichen. Die chemisch-analytischen Untersuchungen werden dabei durch humansensorische Prüfungen begleitet. Dadurch unterstützt können im nächsten Schritt verschiedene Verfahren hinsichtlich ihres Potenzials zur Minimierung der Geruchsbelastung von Rezyklaten untersucht werden. Dabei stehen physikalische Recyclingprozessschritte, wie die Vakuumextrusion, extraktive Extrusion oder das lösemittelbasierte Recycling im Fokus. Aber auch vor- oder nachgeschaltete Aufreinigungsschritte, wie Wasch-, Deinking- oder Desodorisierungsprozesse können hinsichtlich ihrer Effektivität zur Reduzierung von Geruchsstoffen bewertet werden.

 

Weiterführende Informationen unter: https://www.ivv.fraunhofer.de/de/produktwirkung/geruchsoptimierung/kunststoffrezyklate.html

Weitere Informationen

 

Geruch in Kunststoffen und Rezyklaten

Individuelle Lösungen für geruchsbelastete Materialen

 

Helen Haug

Helen Haug im Interview über Ihre Arbeit beim Fraunhofer Cluster of Excellence Circular Plastics Economy CCPE.